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OLG München, Beschluss vom 25. April 2024 – 7 U 3669/23 e

Auskunft Mitgesellschafter

Auch bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft handelt es sich um ein „Schuldverhältnis”, d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen untereinander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB).

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.08.2023, Az. 10 O 2262/22, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 29.05.2024.

Gründe

A.

Der Senat weist die Parteien gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben.Randnummer2

Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Auskunft über MitgesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auskunft
Auskunft über Mitgesellschafter
Mitgesellschafter
.Randnummer3

Bei der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) handelt es sich jeweils um Publikumskommanditgesellschaften, deren Unternehmensgegenstand die Beteiligung an kleinen und mittelgroßen nichtbörsennotierten Unternehmen ist. Die Beklagte zu 3) ist Treuhandkommanditistin sowohl in der Beklagten zu 1) als auch in der Beklagten zu 2).Randnummer4

Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) laut Anl. K 10 sowie der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2) laut Anl. K 6 (im Folgenden mit GV abgekürzt) lauten auszugsweise und insoweit wortgleich wie folgt:Randnummer5

„(…)
§ 5 Rechtsstellung der Treugeber
(…)
2. Die Treugeber werden im Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern nach Maßgabe dieses Gesellschaftsvertrages und des jeweiligen Treuhandvertrags wie Kommanditisten behandelt
3. Die Gesellschafter sind damit einverstanden, dass die Treugeber kraft der ihnen erteilten Vollmacht die auf ihre Beteiligung entfallenden mitgliedschaftlichen Rechte gemäß den Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrags selbst ausüben, insbesondere an Beschlussfassungen der Gesellschafter mitwirken können. Soweit die Treugeber nicht selbst oder soweit zulässig durch einen Vertreter handeln, wird die Treuhandkommanditisten die betreffenden Gesellschafterrechte nach Maßgabe des Treuhandvertrags ausüben.
(…)Randnummer6

§ 24 Ausscheiden von Gesellschaftern
1. Ein Gesellschafter scheidet (…) aus der Gesellschaft aus, wenn
(…)
c) er aus wichtigem Grund durch Beschluss der Gesellschafter und Treugeber aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden ist, mit Zugang der Ausschlusserklärung beim betroffenen Gesellschafter (…);Randnummer7

§ 25 Beendigung oder Unwirksamkeit eines Treuhandvertrags (…)
1. Die wirksame Beendigung oder Unwirksamkeit des Treuhandvertrags eines Treugebers mit der Treuhandkommanditistin hat (…) die Herabsetzung des Kapitalanteils und der Haftsumme der Treuhandkommanditistin entsprechend dem betroffenen Treuhandvertrag zur Folge (…)“.
Die Treuhandverträge in den Beklagten zu 1) und 2) laut Anl. K 10 und K 6 (im Folgenden mit TV abgekürzt) lauten auszugsweise und insoweit wortgleich wie folgt:
„(…)Randnummer8

§ 2 Gegenstand des Treuhandvertrags
(…)
4. Mehrere Treugeber der Treuhandkommanditisten sind Teilgläubiger im Sinne des § 420 BGB. Auf ihr Verhältnis untereinander sind daher die §§ 705 ff. BGB und 741 ff. BGB nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar.“Randnummer9

§ 11 Dauer und Beendigung des Treuhandvertrags
1. Der Treuhandvertrag ist unbefristet. Er endet, unbeschadet zwingender gesetzlicher Beendigungs- oder Unwirksamkeitsgründe,
(…)
g) sofern in der Person des Treugebers ein wichtiger Grund im Sinn des § 24 Abs., 1 lit c des Gesellschaftsvertrags vorliegt und die Treuhandkommanditistin wegen Vorliegens einer der vorgenannten Gründe den Vertrag schriftlich kündigt;Randnummer10

§ 13 Treugeberregister; EDV und Datenschutz
(…)
2. Auskünfte über die Beteiligung und die eingetragenen Daten des Treugebers darf die Treuhandkommanditistin in dem erforderlichen Umfang nur den geschäftsführenden Gesellschaftern und Mitarbeitern der Gesellschaft, deren Geschäftsbesorgern und Vertriebspartnern, dem zuständigen Finanzamt und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Prüfern und Beratern der Gesellschaft mitteilen. (…)
3. Jeder Treugeber kann jederzeit über die von ihm im Register geführten Daten Auskunft verlangen. Es besteht demgegenüber kein Anspruch auf Mitteilung von Daten anderer Treugeber oder Gesellschafter.
(…)“Randnummer11

Die Klägerin ist am 24.09.2012 als Treugeberkommanditistin über die Beklagte zu 3) mit der Beteiligung Nr. XII …97 und der Beteiligung Nr. XII…98 (Beitrittserklärungen laut Anlage K 1 und LA 1) mit einer Einlageverpflichtung von jeweils 24.000,00 € zzgl. Agio iHv. 1.000,00 € pro Beteiligung der Beklagten zu 1) beigetreten. Bis zum 02.09.2021 hat die Klägerin auf die Beteiligung Nr. XII …97 einen Betrag in Höhe von 12.607,44 € und auf die Beteiligung Nr. XII …98 einen Betrag in Höhe von 12.845,35 € eingezahlt.Randnummer12

Die Klägerin ist ferner am 24.09.2012 als Treugeberkommanditistin über die Beklagte zu 3) mit der Beteiligung Nr. XIII …06 und der Beteiligung Nr. XIII …07 (Beitrittserklärungen laut Anlage K 2 und LA 4) mit einer Einlageverpflichtung von jeweils 6.000,00 € zzgl. Agio iHv. 270,00 € pro Beteiligung der Beklagten zu 2) beigetreten. Die Einlagen sind vollständig einbezahlt.Randnummer13

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.12.2020 laut Anl. LA 8 forderte die Klägerin die Beklagten zu 1) auf, bis zum 17.12.2020 die Namen und Anschriften der Mitgesellschafter und Treugeber herauszugeben. Mit Schreiben der Klägervertreter vom 21.05.2021 laut Anl. LA 10 wurde der Auskunftsanspruch auch gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemacht.Randnummer14

Die Beklagte zu 3) kündigte mit Schreiben vom 03.11.2021 laut Anlage LA 14 (der Klägerin am 09.11.2021 zugestellt) die Treuhandverträge bezüglich der Beklagten zu 1) und 2) außerordentlich fristlos.Randnummer15

Die Beklagte zu 1) zahlte am 09.12.2021 an die Klägerin Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 5.750,90 € und 5.857,73 €.Randnummer16

Die Beklagte zu 2) zahlte am gleichen Tag auf die beiden Beteiligungen der Klägerin an diese insgesamt 6.524,80 (2 x 3.262,40 €).Randnummer17

Die Klägerin behauptete, dass sie Auskunft über die Person ihrer Mitgesellschafter benötige, um mit diesen Informationen auszutauschen und sich mit ihnen abzustimmen. Nur so sei eine effektive Kontrolle der Gesellschaftsorgane möglich. Auch müssten die Entscheidungen der Fondsgeschäftsführung von externer Seite überprüft und bewertet werden, was allerdings kostenaufwendig und deshalb nur im Wege einer Zusammenführung der Mitgesellschafter zu erreichen sei.Randnummer18

Die Klägerin beantragte:Randnummer19

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin eine vollständige Liste mit den Namen, Anschriften, E-Mailadressen und der Höhe der Beteiligung sämtlicher Treugeber und Gesellschafter der M. GmbH & Co. F. 12 geschlossene Investment KG, M S., …und der M. GmbH & Co. Fonds 13 geschlossene Investment KG, M. S. …, in der Form eines vollständigen und übersichtlichen Verzeichnisses elektronisch in einem gängigen Dateiformat (z.B. als .xls, .xlsx oder .pdf via Email, CD oder einem mobilen Datenträger) hilfsweise schriftlich Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür erforderlichen Aufwendungen, herauszugeben.Randnummer20

Hilfsweise beantragte die Klägerin:Randnummer21

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin Einsicht bei der Geschäftsführung des Fonds in die Liste der Direktkommanditisten mit den Namen, E-Mailadressen und der Höhe der Beteiligung der Gesellschafter der M. GmbH & Co. F. 12 geschlossene Investment KG, M. S., … und der M. GmbH & Co. F. 13 geschlossene Investment KG, M. S. …, zu gewähren und hierbei der Klägerin die Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen zu geben, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür anfallenden Aufwendungen.Randnummer22

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin Einsicht bei der Geschäftsführung des Fonds in die Liste der Direktkommanditisten mit den Namen, Anschriften, E-Mailadressen und der Höhe der Beteiligung der Gesellschafter der M. GmbH & Co. F. 13 geschlossene Investment KG, M. S. …, zu gewähren und hierbei der Klägerin die Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen zu geben, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür anfallenden Aufwendungen.Randnummer23

Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, der Klägerin Einsicht in die von ihr geführte Liste der Namen, Anschriften, E-Mailadressen und der Höhe der Beteiligung der Gesellschafter/ Treugeber der M. GmbH & Co. F. 12 geschlossene Investment KG, M. S. …, zu gewähren und hierbei der Klägerin die Möglichkeit zur Anfertigung von Ablichtungen zu geben, Zug um Zug gegen Erstattung der hierfür anfallenden Aufwendungen.Randnummer24

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Entgegennahme der angebotenen Erstattung der erforderlichen Aufwendungen in Verzug befinden.Randnummer25

3. Es wird festgestellt, dass die als Anlage LA 14 vorgelegte außerordentliche Kündigung der Treuhandverträge, betreffend die treuhänderische Beteiligung der Klägerin an der M. GmbH & Co. F.12 geschlossene Investment KG (Beteiligungsnummern: XII …97, XII…96 [sic]) und die treuhänderische Beteiligung der Klägerin an der M. GmbH & Co. F. 13 geschlossene Investment KG (Beteiligungsnummern: XIII …06, XIII …07) vom 03.11.21 unwirksam ist.Randnummer26

4. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, die Treuhandverträge, betreffend die treuhänderische Beteiligung der Klägerin an der M. GmbH & Co. F. 12 geschlossene Investment KG (Beteiligungsnummern: XII …97, XII …96 [sic]) und treuhänderische Beteiligung der Klägerin an der M. GmbH & Co. F. 13 geschlossene Investment KG (Beteiligungsnummern: XIII …06, XIII …07) mit der Klägerin unverändert fortzusetzen.Randnummer27

Die Beklagten beantragten,Randnummer28

die Klage abzuweisen.Randnummer29

Sie erwiderte, dass es der Klägerin mit dem Auskunftsersuchen vor allem darauf ankomme, den Namen der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten an ihre insgesamt über 8.000 Mitanleger zu kommunizieren.Randnummer30

In der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2022 erteilte das Landgericht München I Hinweise, hörte die Klägerin informatorisch an, gewährte den Parteien Schriftsatzfrist zu den gerichtlichen Hinweisen sowie der Anhörung der Klägerin bis 20.09.2022 und bestimmte einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 27.10.2022, 14:00 Uhr (vgl. das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2022, Bl. 115/117 d.A.). Mit Verfügung vom 24.10.2022 (Bl. 136 d.A.) hob die Vertreterin des erkennenden Richters aufgrund dessen Erkrankung den Verkündungstermin vom 27.10.2022 auf. Mit Verfügung vom 08.02.2023 (Bl. 139 d.A.) bestimmte das Landgericht einen Verkündungstermin auf den 16.03.2023, den es mit Verfügung vom 16.03.2023 (Bl. 149 d.A.) auf den 06.04.2023, mit weiterer Verfügung vom 06.04.2023 (Bl. 151 d.A.) auf den 12.05.2023, mit Verfügung vom 12.05.2023 (Bl. 153 d.A.) auf den 16.06.2023, mit Verfügung vom 16.06.2023 (Bl. 155 d.A.) auf den 14.07.2023 und schließlich mit Verfügung vom 14.07.2023 (Bl. 157 d.A.) auf den 04.08.2023 verlegte.Randnummer31

Mit Endurteil vom 04.08.2023, Az. 10 O 2262/22, verurteilte das Landgericht München I sodann die Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß und wies die Klage nur insoweit ab, als die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagten habe, die Auskunft in elektronischer Form in einem bestimmten Datenformat zu erhalten. Ein Anspruch bestehe nämlich nur auf Auskunftserteilung in schriftlicher Form (LGU S. 11 unter Punkt II 1 a ee der Entscheidungsgründe). Darüber hinaus müssten die Beklagten zu 1) und 2) die Auskunft auch nur hinsichtlich ihrer jeweils eigenen Kommanditisten, nicht aber auch bezüglich der Kommanditisten der jeweils anderen Beklagten erteilen (LGU S. 11 unter Punkt II 1 a ff der Entscheidungsgründe).Randnummer32

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht aus, dass die Klägerin gegen die Beklagten einen Auskunftsanspruch aus §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB iVm. §§ 716 Abs. 1, 242 BGB habe.Randnummer33

Die außerordentlichen fristlosen Kündigungen der Gesellschafts- und Treuhandverträge in den beiden Beklagten zu 1) und 2) stünden einem Auskunftsanspruch der Klägerin nicht entgegen, da sie in Ermangelung eines wichtigen Grundes unwirksam seien. Denn die von der Klägerin geäußerte Kritik an den Beklagten zu 1) und 2) sei von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Im Übrigen würde diese Kritik schon deshalb keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellen, da die inkriminierten Äußerungen der Klägerin nicht vor einem breiten Publikum, sondern lediglich in dem streitgegenständlichen Verfahren getätigt worden seien. Schließlich wäre in jedem Fall auch zunächst eine Abmahnung erforderlich gewesen (LGU S. 9 und 10 unter Punkt II 1 a aa der Entscheidungsgründe).Randnummer34

Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis. Auf die Frage, ob die Treugeber eine Innengesellschaft bilden, komme es deshalb nicht an (LGU S. 10 unter Punkt II 1 a bb der Entscheidungsgründe).Randnummer35

Der Auskunftsanspruch richte sich sowohl gegen die Gesellschaft(en) als auch gegen die Mitgesellschafter, sodass auch die Beklagte zu 3) als Treuhandkommanditistin passivlegitimiert sei (LGU S. 10 und 11 unter Punkt II 1 a cc der Entscheidungsgründe).Randnummer36

Der Einwand, dass die Beklagten zu 1) und 2) aufgrund bei ihnen nicht geführter Treugeberregister gar nicht in der Lage seien, die begehrte Auskunft zu erteilen, greife nicht durch, da die Komplementärinnen der Beklagten zu 1) und 2) ihrerseits einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu 3) hätten. Dass die Beklagte zu 3) die entsprechenden Auskünfte gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) nicht erteilen würden, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (LGU S. 11 unter Punkt II 1 b der Entscheidungsgründe).Randnummer37

Die Klägerin habe durch § 13 Abs. 3 TV auch nicht auf ihre Auskunftsansprüche verzichtet (LGU S. 11 und 12 unter Punkt II 1 c der Entscheidungsgründe).Randnummer38

Die DSGVO stehe der Auskunftserteilung nicht entgegen, da die Übermittlung zur Durchführung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses erforderlich sei (LGU S. 12 unter Punkt II 1 d der Entscheidungsgründe).Randnummer39

Das Auskunftsbegehren sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da es insoweit keine konkreten Anhaltspunkte gebe. Solche seien weder von den Beklagten vorgetragen worden noch seien sie im Rahmen der informatorischen Anhörung der Klägerin zu Tage getreten. Eine förmliche Parteieinvernahme der Klägerin zu dem von den Beklagten behaupteten missbrauch der Anlegerdaten durch die Klägervertreter zum Zwecke der Mandantenakquise wäre daher ein unzulässiger Ausforschungsbeweis (LGU S. 12 unter Punkt II 1 e der Entscheidungsgründe).Randnummer40

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.Randnummer41

Die Beklagten verfolgen mit ihren Berufungen ihr erstinstanzliches Klageabweisungsziel, soweit ihm das Landgericht in seinem Urteil nicht bereits entsprochen hat, vollumfänglich weiter.Randnummer42

Sie rügen u.a., dass das Urteil des Landgerichts unter Verstoß gegen § 310 Abs. 1 S. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft erlassen worden sei, da es weder in der mündlichen Verhandlung noch in einem in dieser anberaumten Verkündungstermin verkündet worden sei. Vielmehr sei der Verkündungstermin vom 04.08.2024 durch Verfügung bestimmt worden (Berufungsbegründung S. 5, Bl. 16 d.A.).Randnummer43

Das Landgericht habe auch verkannt, dass nach der Rechtsprechung des BGH Treugeberkommanditisten nur dann ein Auskunftsrecht bezüglich ihrer Mitgesellschafter zustehe, wenn diese im Innenverhältnis eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bildeten. Eine solche bestehe in den streitgegenständlichen Gesellschaften aber gemäß § 2 Abs. 4 TV gerade nicht (Berufungsbegründung S. 6 und 7, Bl. 17 und 18 d.A.).Randnummer44

Hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsverlangens habe sich das Landgericht nicht zutreffend und vollständig mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt. Die Beklagten hätten vorgetragen, dass die Auskunftsklage vor allem werblichen Interessen der Klägervertreter diene. Das Landgericht habe sich auch nicht damit auseinandergesetzt, dass die Beklagten vorgetragen hätten, dass die Beklagten der Klägerin vorgerichtlich die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu ihren Mitgesellschaftern angeboten hätten mit der Maßgabe, dass kein Hinweis auf die Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgen dürfe. Dieses Angebot der Beklagten habe die Klägerin ausgeschlagen, womit sich das Landgericht nicht befasst habe (Berufungsbegründung S. 7 und 8, Bl. 18 und 19 d.A.). Das Landgericht habe insoweit auch den Beweisantritt der Beklagten (Parteieinvernahme der Klägerin) übergangen. Da die Beklagten die Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsverlangens dargelegt hätten, handle es sich auch nicht um einen Ausforschungsbeweis (Berufungsbegründung S. 8 und 9, Bl. 19 und 20 d.A.).Randnummer45

Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung durch das Landgericht bestünden auch hinsichtlich der vom Landgericht angenommenen Wirksamkeit der von der Beklagten zu 3) ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen. Denn das Landgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Kündigungen zentral auch darauf gestützt worden seien, dass die Erhebung der streitgegenständlichen Auskunftsklagen rechtsmissbräuchlich gewesen sei (Berufungsbegründung S. 9, Bl. 20 d.A.).Randnummer46

Mit ihrer Eventualwiderklage machen die Beklagten zu 1) und 2) für den Fall, dass die von der Beklagten zu 3) ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sein sollten, die Rückzahlung der von den Beklagten zu 1) und 2) an die Klägerin bezahlten Abfindungsguthaben geltend. Die Beklagte zu 1) verlangt darüber hinaus, da die mit ihr vereinbarten Beteiligungssummen von jeweils 25.000,00 € noch nicht voll einbezahlt sind, von der Klägerin die Zahlung der monatlichen Beteiligung von 100,00 € für den Zeitraum vom 01.09.2021 bis einschließlich Oktober 2023.Randnummer47

Die Beklagten beantragen daher,Randnummer48

das angefochtene Urteil des Landgerichts München I vom 04.08.2023 aufzuheben, soweit das Landgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, und die Klage insgesamt abzuweisen,Randnummer49

hilfsweise,Randnummer50

das angefochtene Urteil des Landgerichts München I vom 04.08.2023 aufzuheben, soweit das Landgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, und die Sache im vorbezeichneten Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückzuverweisen.Randnummer51

Des Weiteren kündigen die Beklagten in der Berufung folgende Eventualwiderklage an:Randnummer52

Für den Fall, dass die Berufung der Beklagten gegen den Ausspruch in Ziffer 4 des Urteilstenors zurückgewiesen wird, wird beantragt,Randnummer53

1. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) einen Betrag in Höhe von EUR 16.808,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, sowieRandnummer54

2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 2) einen Betrag in Höhe von EUR 6.524,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.Randnummer55

Die Klägerin beantragt,Randnummer56

die Berufung zurückzuweisen.Randnummer57

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, da der vom Landgericht zugesprochene Auskunftsanspruch der Klägerin gegen alle drei Beklagten besteht und die von der Beklagten zu 3) ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung der Treuhandverträge unwirksam war.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) einen Anspruch aus §§ 716 Abs. 1 BGB a.F. bzw. 717 Abs. 1 S. 2 BGB n.F., 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB sowie aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem auf Auskunft über ihre Mitgesellschafter. Dieser Anspruch der Klägerin besteht auch gegen die Beklagte zu 3) als Treuhandkommanditistin (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnrn 29 und 30.)Randnummer60

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht über die höchstrichterliche Vorgabe hinweggesetzt, wonach ein Anspruch eines Treugeberkommanditisten auf Auskunft über die Person seiner Mittreugeberkommanditisten nur unter der Voraussetzung gegeben sei, dass zwischen den Treugebern im Innenverhältnis eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
bestehe (vgl. Berufungsbegründung S. 6 und 7, Bl. 17 und 18 d.A.). Vielmehr hat das Landgericht in jeder Hinsicht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH ausgeführt, dass es aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Gleichstellung der Treugeberkommanditisten mit den Direktkommanditisten nicht auf das Vorliegen einer Innengesellschaft ankomme, da sich der Auskunftsanspruch bereits unmittelbar aus dem Kommanditgesellschaftsvertrag ergebe (LGU S. 10 unter Punkt II 1 a bb der Entscheidungsgründe).Randnummer61

a. Die Gleichstellung von Treugeber- und Direktkommanditisten folgt im streitgegenständlichen Fall aus § 5 Nrn 2 und 3 GV. Demnach werden die Treugeber nämlich „(i)m Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern nach Maßgabe dieses Gesellschaftsvertrags und des jeweiligen Treuhandvertrags wie Kommanditisten behandelt“. Die Gesellschafter sind dementsprechend ausdrücklich damit einverstanden, dass die Treugeber an den Beschlussfassungen der Gesellschafter teilnehmen und die auf ihre Beteiligung entfallenden mitgliedschaftlichen Rechte selbst ausüben. Derart gleichgestellten Gesellschaftern steht aber nach der Rechtsprechung des BGH ein Anspruch auf Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen (mittelbaren und unmittelbaren) Gesellschafter zu (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnrn 9 ff.). Dabei handelt es sich um ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnr. 11, ebenso schon BGH, Urteil vom 05.02.0 2013 – II ZR 134/11; vgl. auch Grunewald in Münchener Kommentar zum HGB, 5. Auflage, München 2024, Rdnr. 15 zu § 166 HGB). Der Begründung einer gesonderten Innengesellschaft der Treugeberkommanditisten bedarf es insoweit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnr. 9).Randnummer62

b. Existiert neben dem Kommanditgesellschaftsverhältnis aufgrund der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung gleichzeitig auch ein Innengesellschaftsverhältnis der Treugeberkommanditisten (gegebenenfalls auch unter Einschluss der Direktkommanditisten), so kann der Anspruch auf Auskunft über die Person der Mittreugeberkommanditisten auch aus dem Innengesellschaftsverhältnis abgeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2011 – II ZR 187/09).Randnummer63

c. Etwas anderes lässt sich auch nicht der von den Beklagten in Bezug genommenen (vgl. Berufungsbegründung S. 6, Bl. 17 d.A.) Entscheidung des BGH vom 19.11.2019 – II ZR 263/18 entnehmen. Dort wird zwar der Auskunftsanspruch aus dem Bestehen einer Innengesellschaft der Treugeber abgeleitet und diese Innengesellschaft mit der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Treuhandverhältnisse (insbesondere der Existenz einer von der Gesellschafterversammlung zu unterscheidenden Anlegerversammlung, die über das Stimmverhalten der Treuhandkommandistin in der Gesellschafterversammlung zu entscheiden hat) begründet. Jedoch findet sich in der Entscheidung kein Hinweis darauf, dass der BGH damit seine bisherige Rechtsprechung zur Ableitung eines Auskunftsanspruchs auch aus dem Fonds- bzw. Kommanditgesellschaftsverhältnis modifizieren oder gar aufgeben wollte. In der Entscheidung vom 19.11.2019 konnte der BGH auch gar nicht auf das Fondsgesellschaftsverhältnis abstellen, da sich die Rechtsverhältnisse innerhalb der Fondsgesellschaft und damit auch die Stellung von deren Gesellschafter nicht nach deutschem, sondern nach italienischem Recht bemaßen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2019 – II ZR 263/18, Rdnrn 2 und 22). Eine Ableitung des Auskunftsanspruchs aus dem Fondsgesellschaftsverhältnis wie bei einer nach deutschem Recht zu beurteilenden Publikums(kommandit)Gesellschaft war daher nicht möglich, ohne eine Aussage zum italienischen Recht zu treffen. Die im Verhältnis der Treugeberkommanditisten daneben bestehende Innengesellschaft war jedoch nach deutschem Recht zu beurteilen, sodass der Auskunftsanspruch auf das Innengesellschaftsverhältnis der Treugeber gestützt werden konnte, ohne dass es auf die nach italienischem Recht zu beurteilende Fondsgesellschaft angekommen wäre.Randnummer64

Da der Auskunftsanspruch aber – wie oben dargelegt – alternativ entweder auf das Fonds- bzw. Kommanditgesellschaftsverhältnis oder ein etwaig gleichzeitig daneben bestehendes Innengesellschaftsverhältnis der Treugeber gestützt werden kann, besagt das Urteil des BGH vom 19.11.2019, in dem letzteres der Fall ist, nicht, dass es nunmehr nur noch auf das Bestehen eines Innengesellschaftsverhältnisses ankommen solle. Auch in der Folge hat der BGH nicht zum Ausdruck gebracht, dass die im Urteil vom16.12.2014 – II ZR 277/13 entwickelten Grundsätze zur Entbehrlichkeit einer Innengesellschaft der Treugeber zur Begründung eines Auskunftsanspruchs im Falle ihrer vertraglich vorgesehenen Gleichbehandlung mit Direktkommanditisten aufgegeben werden sollten. Vielmehr hat der BGH in seiner Entscheidung vom 24.10.2013 (II ZB 3/23, Rdnr. 23) ausdrücklich auf das Urteil vom 16.12.2014 Bezug genommen.Randnummer65

2. § 13 Nr. 3 S. 2 TV steht dem Auskunftsrecht der Klägerin nicht entgegen und begründet entgegen der Ansicht der Beklagten (vgl. Klageerwiderung S. 19 und 20, Bl. 40 und 41 d.A.) auch keinen Verzicht der Klägerin auf eine Auskunft, da diese Regelung unwirksam ist. Sie hält der Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB nicht stand. Auch bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft handelt es sich um ein „Schuldverhältnis”, d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen untereinander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB). Das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, ist in jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 21.09.2009 – II ZR 264/08, Rdnr. 10 zum Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft in Form einer BGB-Gesellschaft; für eine Publikums-KG gilt nichts anderes, vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnrn 23 ff., vgl. auch Grunewald in Münchener Kommentar zum HGB, 5. Auflage, München 2022, Rdnr. 133 zu § 161 HGB).Randnummer66

3. Nach der Rechtsprechung des BGH steht die DSGVO einer Auskunftserteilung nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.10.2023 – II ZB 3/23, Rdnrn 24 und 25). Eine für die Beklagten zu 1) und 2) bestehende Unmöglichkeit der Auskunftserteilung hat das Landgericht zutreffend verneint. Dagegen hat die Berufung nichts erinnert und gibt es auch nichts zu erinnern.Randnummer67

4. Ein Auskunftsbegehren des Gesellschafters, gerichtet auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter, ist nur durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Eine abstrakte Missbrauchsgefahr allein rechtfertigt es dagegen nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen (BGH, Urteil vom 16.12.2014 – II ZR 277/13, Rdnr. 26).Randnummer68

a. Wenn die Berufung bemängelt, dass das Landgericht auf den Vortrag der Beklagten, die Auskunftsklage diene vor allem werblichen Interessen der Klägervertreter (Berufungsbegründung S. 7 vorletzter Absatz, Bl. 18 d.A.) nicht hinreichend eingegangen sei, so verhilft das der Berufung nicht zum Erfolg. Denn dass anwaltliche Vertreter von Anlegern die aus Auskunftsverfahren der vorliegenden Art gewonnenen Erkenntnisse zur Kontaktaufnahme mit bislang unbekannten Anlegern nutzen können, begründet nach der Rechtsprechung des BGH allein nicht die konkrete Gefahr eines Datenmissbrauchs. Erfolgt die Kontaktaufnahme etwa im Auftrag des obsiegenden Auskunftsklägers, scheidet ein missbrauch bereits dann aus, wenn der Auskunftskläger den Kontakt deshalb sucht, um sich mit den anderen Anlegern über aus seiner Sicht hinsichtlich der Gesellschaft bestehende Probleme auszutauschen. Ebenso wenig ist es bedenklich, wenn ein Klägeranwalt im Auftrag seines Mandanten durch die Kontaktaufnahme mit anderen Anlegern z.B. versucht, eine Interessengemeinschaft unter den Anlegern zu organisieren. Nutzt der Anwalt eines (erfolgreich) auf Auskunft klagenden Anlegers dagegen die Daten eigenmächtig, d.h. ohne eine dahingehende Beauftragung durch den Anleger im Rahmen der Verfolgung von dessen Interessen, zur Werbung um konkrete Mandate, liegt darin zwar ein missbrauch der Daten. Dieser kann aber zum einen nicht dem klagenden Anleger als eigener missbrauch angelastet werden, sofern er nicht mit dem missbräuchlich Handelnden kollusiv zusammenwirkt. Zum anderen sind in diesem Fall berufsrechtliche (durch Einschaltung der Aufsicht der Rechtsanwaltskammern), wettbewerbsrechtliche und datenschutzrechtliche Rechtsbehelfe gegeben, um gegen ein derartiges missbräuchliches Verhalten eines Anwalts vorzugehen. Ein Anlass, wegen der (bloß abstrakten) Gefahr des Missbrauchs der Daten durch seinen Anwalt dem klagenden Anleger die Auskunft zu verweigern, besteht in diesen Fällen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2013 – II ZR 136/11, Rdnr. 40).Randnummer69

b. Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich die hinreichend konkrete Gefahr einer unzulässigen Aufnahme von Kontakten zu anderen Anlegern sowie eines insoweit kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten nicht entnehmen. Wenn die Beklagten zur Begründung des nach der Rechtsprechung des BGH erforderlichen kollusiven Zusammenwirkens der Klägerin mit den Klägervertretern in erster Instanz vortragen ließen, dass die Klägervertreter die vorgerichtlichen Vergleichsverhandlungen, die trotz eines weitreichenden Angebots der Beklagten von der Klägerin beendet worden seien, in der Klageschrift entgegen der Verpflichtung zu wahrheitsgemäßem Vortrag nicht erwähnt hätten, um von dem Umstand abzulenken, dass die Bekanntmachung ihrer eigenen Kanzlei maßgebliches Ziel des Auskunftsbegehrens sei (vgl. Klageerwiderung S. 13 und 14, Bl. 34 und 35 d.A.), so ist dies aus mehreren Gründen kein tatsächlicher Anhaltspunkt für ein kollusives Zusammenwirken zwischen Klägerin und Klägervertretern.Randnummer70

aa. Zum einen steht schon der schriftsätzliche Vortrag der Beklagten in erster Instanz, wonach das mit Schreiben der Beklagtenvertreter vom 25.06.2021 (Anl. LA 11) der Klägerin unterbreitete Angebot im Wesentlichen dem Anliegen entsprochen habe, das die Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2021 (Anl. L 10) geäußert habe mit dem einzig nennenswerten Unterschied, dass die Beklagten gefordert hätten, dass die von der Klägerin an die Mitgesellschafter zu richtenden Schreiben keinen Hinweis auf die Klägervertreter enthalten dürften, nicht in Übereinstimmung mit den von den Beklagten vorgelegten Schreiben laut Anl. LA 10 und LA 11. Denn die Beklagten verlangten in dem Schreiben vom 25.06.2021 laut Anl. LA 11 nicht nur, dass die Klägerin in den Anschreiben an die Mitanleger den Namen der Klägervertreter nicht angeben dürfe, vielmehr solle das Anschreiben der Klägerin an die Mitgesellschafter mit den Beklagten abgestimmt werden. Dass bei einer von der Klägerin behauptetermaßen mit dem Anschreiben an die Mitgesellschafter verfolgten Absicht einer intensiveren Kontrolle und Überwachung der Fondsorgane eine vorherige Abstimmung des Anschreibens mit dem zu Kontrollierenden nicht in Betracht kommt und die Vergleichsverhandlungen daher – wie die Klägerin vortragen ließ (vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 02.11.2021, S. 8, Bl. 61 d.A.) – nicht zum Erfolg führten, liegt auf der Hand.Randnummer71

bb. Zum anderen ist aber auch schon nicht ersichtlich, warum die gescheiterten vorgerichtlichen Vergleichsverhandlungen in der Klageschrift überhaupt hätten erwähnt werden sollen. Sie sind unerheblich, da das vorherige Führen von Vergleichsverhandlungen keine Anspruchsvoraussetzung ist und daher diesbezüglicher Sachvortrag unerheblich wäre. Die Klägerin musste jedenfalls nicht schon in der Klage darlegen, dass das Auskunftsersuchen nicht rechtsmissbräuchlich ist. Tatsachen, aus denen sich die Rechtsmissbräuchlichkeit ergeben soll, sind von den Beklagten vorzutragen. Erst darauf muss die Klägerin sodann gegebenenfalls replizieren, was sie mit dem Schriftsatz der Klägervertreter vom 02.11.2021, Bl. 54 ff. d.A.. auch getan hat.Randnummer72

cc. Schließlich ergibt sich aus der Fassung der Klageschrift auch kein kollusives Mitwirken der Klägerin, da die Abfassung der Klageschrift Sache des Prozessbevollmächtigten ist und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass es der Klägerin nicht um die Kontaktaufnahme zu ihren Mitgesellschaftern ging. Die insoweit von den Beklagten bemühte Tatsache, dass sich die Klägerin „überhaupt nicht in das Leben der beiden beklagten Fondsgesellschaft eingebracht“ habe und sich in den Jahren seit 2012 nur einmal und dies zustimmend an Beschlussfassungen der Gesellschafter beteiligt habe (vgl. Klageerwiderung S. 6 und 7, Bl. 27 und 28 d.A.), bedeutet nicht, dass sie auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung Einfluss nehmen will und das Auskunftsersuchen nur zum Zwecke der Mandantengewinnung ihrer Prozessbevollmächtigten erfolgt (vgl. Senat, Urteil vom 04.07.2018 – 7 U 4028/17, Rdnr. 37).Randnummer73

c. Ob die Klägervertreter im Verfahren des Amtsgerichts München 172 C 15918/20 dem dortigen Kläger, der ebenfalls Auskunft über seine Mitgesellschafter verlangte, zusagten, sämtliche Prozessrisiken zu übernehmen und ob die Klägervertreter der hiesigen Klägerin eine vergleichbare Regelung anboten (wie die Beklagten unter Beweisantritt behaupten, vgl. Klageerwiderung S. 9 und 10, Bl. 30 und 31 d.A., und die Klägerin bestreitet, vgl. Schriftsatz der Klägervertreter vom 02.11.2021, S. 8 unten und S. 9, Bl. 61 und 62 d.A.), kann dahinstehen. Selbst bei Wahrunterstellung des Beklagtenvortrags wäre dies nämlich nach der Rechtsprechung des BGH kein Anhaltspunkt für einen Rechtsmissbrauch der Klägerin. Denn danach kann aus dem Umstand, dass ein Kläger vereinbarungsgemäß seinem Prozessbevollmächtigten kein Honorar für die Auskunftsklage zahlt, nicht der Schluss gezogen werden, der Klägervertreter werde die berechtigterweise erlangten Daten missbrauchen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.11.2019 – II ZR 263/18, Rdnr. 25). Für die hier behauptete darüber hinausgehende behauptete Übernahme des gesamten Kostenrisikos durch die Klägervertreter gilt nichts anderes (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.10.2012 – 14 U 13/12, Rdnr. 154). Die im Senatsurteil vom 04.07.2018 – 7 U 4028/17, Rdnrn 40 ff. vertretene gegenteilige Ansicht wird im Hinblick auf die nach dem Senatsurteil ergangene Entscheidung des BGH vom 19.11.2019 – II ZR 263/18, Rdnr. 25 nicht mehr aufrechterhalten.Randnummer74

Da es demnach schon nach dem Vortrag der Beklagten auch bei einer Gesamtschau der tatsächlichen Umstände keine Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit des klägerischen Auskunftsverlangens gibt, war weder die Vernehmung der Klägerin als Partei noch die Vernehmung der von der Beklagten angebotenen Zeugen H. und K. (vgl. Klageerwiderung S. 9 und 10, Bl. 30 und 31 d.A.) erforderlich und hat das Landgericht eine Beweisaufnahme zu Recht nicht vorgenommen.Randnummer75

5. Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die von der Beklagten zu 3) mit Schreiben vom 03.11.2021 laut Anl. LA 14 ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen der Treuhandverträge in den Beklagten zu 1) und 2) in Ermangelung eines wichtigen Grundes iSd. § 11 Nr. 1 lit g 2. Alt. TV iVm § 24 Nr. 1 lit c GV unwirksam sind und deshalb die Klägerin aufgrund des Fortbestehens der Treuhandverträge auch weiterhin mittelbar an den Beklagten zu 1) und 2) beteiligt ist.Randnummer76

a. Hinsichtlich des Vortags der Klägerin in der Klageschrift, dass es bislang keine Rendite gegeben habe, ist schon nicht ersichtlich, warum dieser Vortrag falsch sein soll. Abzustellen ist nämlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur auf die erfolgten Nettoausschüttungen (d.h ohne die vorgenommenen Verrechnungen) laut den Aufstellungen laut Anl. LA 7, sondern auch auf die negative Kursentwicklung. Unklar ist des Weiteren, warum die weiteren inkriminierten Behauptungen in der Klageschrift, wonach der Klägerin aus den Medien bekannt geworden sei, dass die Anleger der MIG Fonds hingehalten und vertröstet würden, falsch sein sollen. Denn die Klägerin hat den entsprechenden Presseartikel, in dem diese Vorgehensweise der MIG Fonds geschildert wird, als Anl. K 4 vorgelegt.Randnummer77

b. Objektiv unrichtig ist aber jedenfalls die Behauptung der Klägerin in der Klageschrift, dort S. 4, letzter Absatz, wonach seit sechs Jahren keine Ausschüttungen erfolgt seien, da sich aus den Aufstellungen laut Anl. LA 7 entnehmen lässt, dass hinsichtlich aller der insgesamt vier Beteiligungen der Klägerin an den Beklagten zu 1) und 2) Auszahlungen erfolgt sind. Diese Falschbehauptung macht den Gesellschaftern der Beklagten zu 1) und 2) jedoch ein weiteres Verbleiben der Klägerin in den Beklagten zu 1) und 2) nicht unzumutbar. Denn zum einen erfolgte – worauf das Landgericht zu Recht abstellte – die Falschbehauptung nur im streitgegenständlichen Verfahren, sodass davon auch nur die Komplementärin der Beklagten zu 1) und 2) sowie die Treuhandkommanditistin erfuhren, nicht aber die weiteren (mittelbaren) Gesellschafter. Zum anderen sind bei der Würdigung, ob ein wichtiger Grund iSd. § 24 Nr. 1 lit c GV vorliegt, auch die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die inkriminierte Äußerung erfolgte. Dies bestanden aber darin, dass die Geschäftsführung der Beklagten zu 1) und 2) der Klägerin – wie oben unter 1 – 4 dargelegt – entgegen der klaren Rechtslage zu Unrecht die gewünschte Auskunft über ihre Mitgesellschafter verweigerte und eine Auskunftserteilung an – wie oben unter 4 a ausgeführt – für die Klägerin unzumutbare Bedingungen knüpfte (insbesondere die verlangte Abstimmung des Anschreibens der Klägerin an die Mitgesellschafter). Dies lässt die Falschbehauptung der Klägerin in einem milderen Licht erscheinen.Randnummer78

c. Da die streitgegenständliche Auskunftsklage nicht nur nicht rechtsmissbräuchlich, sondern, soweit sie noch Gegenstand der Berufung ist, vollumfänglich begründet ist, geht auch die Rüge der Berufung, das Landgericht habe bei der Würdigung der Kündigung den Vortrag der Beklagten, die Erhebung der streitgegenständlichen Auskunftsklagen sei rechtsmissbräuchlich übergangen (Berufungsbegründung S. 9 und 10, Bl. 20 und 21 d.A.), ins Leere.Randnummer79

Nach alledem hat das Landgericht der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Auskunft über ihre Mitgesellschafter zuerkannt.

II.

Da – wie oben unter I 5 ausgeführt – die von der Beklagten zu 3) ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung der Treuhandverträge in den Beklagten zu 1) und 2) in Ermangelung eines wichtigen Grundes unwirksam war, war diese Unwirksamkeit auf Antrag der Klägerin festzustellen und die Beklagte zu 3) zur Fortsetzung der Treuhandverträge zu verurteilen.

III.

Die von den Beklagten erhobene Verfahrensrüge, dass das landgerichtliche Urteil entgegen § 310 Abs. 1 ZPO weder in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, noch in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet worden sei, führt zu keinem Erfolg der Berufung. Zwar ist die Verkündung des Urteils tatsächlich verfahrensfehlerhaft erfolgt, da der ursprünglich in der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2022 auf den 27.10.2022 anberaumte Verkündungstermin (vgl. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2022, Bl. 117 d.A.) mit Verfügung vom 24.10.2022 (Bl. 136 d.A.) nicht (was zulässig gewesen wäre) verlegt, sondern aufgrund Erkrankung des erkennenden Einzelrichters durch dessen Vertreterin aufgehoben wurde. Der Termin vom 04.08.2024, in dem das streitgegenständliche Urteil verkündet wurde, wurde entgegen § 310 Abs. 1 S. 1 ZPO jedoch nicht in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, anberaumt, sondern unzulässigerweise durch eine Verfügung außerhalb einer mündlichen Verhandlung anberaumt.Randnummer82

Dieser Verfahrensfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung des Urteils, da das Urteil nicht auf dem Verfahrensfehler beruht. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, was sie in einer weiteren mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgetragen hätten, das zu einer anderen Entscheidung des Landgerichts geführt hätte. Das Urteil ist – wie oben dargelegt – sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend.Randnummer83

Da nach alledem die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und alle rechtlichen Gesichtspunkte höchstrichterlich geklärt sind, regt der Senat an, die Berufung zurückzunehmen.Randnummer84

Über die im Wege der Klageerweiterung in der Berufung erhobene Eventualwiderklage ist nicht zu entscheiden, da sie durch die beabsichtigte Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos wird (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 35. Auflage, Köln 2024, Rdnr. 37 zu § 522 ZPO).

C.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert entsprechend der vereinbarten Beteiligungshöhe und dem Auskunftsaufwand auf 62.500 € festzusetzen (25.000,00 + 25.000,00 € + 6.000,00 € + 6.000,00 € + 500,00 €).

D.

Es ist beabsichtigt, den Tenor des landgerichtlichen Urteils in Ziffern 4 und 5 gemäß § 319 ZPO dahingehend zu berichtigen, dass es statt XII1240996 richtig XII1240998 heißen muss, wie sich aus der Anlage LA 2 ergibt.

Schlagworte: Auskunft über Mitgesellschafter, Schuldverhältnis