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OLG München, Beschluss vom 23.07.2024 – 34 Wx 167/24 e

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Gesellschaftsregister GbR

GBO § 18, EGBGB Art. 229 § 21

1. Eine Berichtigung des Bestandes der nach § 47 Abs. 2 GBO a. F. im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter findet gemäß Art. 229 § 21 Abs. 2 S. 1 EGBGB nicht mehr statt.

2. Da ein in diesem Sinne gestellter Antrag bei richtiger Würdigung der Sach- und Rechtslage nicht zu der beantragten Eintragung führen kann, ist für eine Zwischenverfügung in diesem Fall kein Raum.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) – Grundbuchamt – vom 22.2.2024 aufgehoben.

Gründe

I.

Im Grundbuch war als Eigentümer von Grundbesitz der Beteiligte zu 1 gemeinsam mit M. R. und H. R. als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts eingetragen. Mit notariellem Einbringungsvertrag vom 19.7.2018 samt Nachtrag vom 8.11.2018 veräußerte der Beteiligte zu 1 seine Geschäftsanteile an der GbR sowie den näher bezeichneten Grundbesitz an seine drei Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 4, zu jeweils 20%. Mit Vollzug der Urkunde sollten an den genannten Vermögenswerten damit der Beteiligte zu 1 zu 40% sowie die Beteiligten zu 2 bis 4 zu jeweils 20% beteiligt sein. Alle Vertragsbeteiligten beantragten in der Urkunde die Berichtigung des Grundbuchs, wobei der Notar darauf hinwies, dass die Grundbuchberichtigung u.a. einen Antrag aller Gesellschafter voraussetze.

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Seit 15.9.2022 sind W. R. und D. R. anstelle der am 7.10.2021 verstorbenen M. R. als neu eingetretene Gesellschafter im Grundbuch eingetragen.

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Mit Schreiben vom 28.12.2023 übersandte der Urkundsnotar die Urkunden vom 19.7.2018 und 8.11.2018 an das Grundbuchamt mit dem Antrag auf Vollzug. Beigefügt waren ferner notariell beglaubigte Grundbuchberichtigungsanträge der vier Beteiligten sowie von H. R., W. R. und D. R., wonach die Berichtigung des Grundbuchs dergestalt bewilligt und beantragt wird, dass nunmehr W. R., D. R., H. R. und die vier Beteiligten als Gesellschafter bürgerlichen Rechts Eigentümer des Grundbesitzes sind. Auf dem Vollzugsantrag und den eingereichten Urkunden wurde jeweils ein Eingangsstempel des Amtsgerichts – Grundbuchamt – mit dem Datum 2.1.2024 angebracht. Der Stempel wurde jeweils handschriftlich mit der Zeitangabe 9.00 Uhr ergänzt und unterzeichnet.

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Mit Zwischenverfügung vom 22.2.2024 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass der Antrag erst am 2.1.2024 und damit nach Einführung des MoPeG eingegangen sei. Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB könne eine Eintragung daher erst erfolgen, wenn die Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Gesellschaftsregister eingetragen und im Grundbuch als eingetragene GbR mit ihrem Namen vermerkt worden sei. Hierzu müsse im Anschluss an die Eintragung im Gesellschaftsregister ein Antrag auf Berichtigung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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(unter Vorlage von näher bezeichneten Unterlagen) gestellt werden. Es werde daher zunächst eine Antragsrücknahme der derzeit vorliegenden Urkunden angeregt.

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Hiergegen wendet sich die vom Urkundsnotar mit Schreiben vom 3.6.2024 namens der Beteiligten eingelegte Beschwerde. Er gehe dabei davon aus, dass der Zugang der mit Antragsschreiben vom 28.12.2023 eingereichten Urkunden beim Amtsgericht (ggf. Nachtbriefkasten) noch im Jahr 2023 erfolgt sei; eine eventuelle Nichtaufklärbarkeit dieses Umstandes gehe nicht zu Lasten der Beteiligten. Für die Anwendbarkeit des MoPeG sei der Zugang beim Amtsgericht und nicht der Eingang beim Grundbuchamt (§ 13 GBO) maßgeblich. Die für die Anwendbarkeit des MoPeG maßgebliche Vorschrift des Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB habe nicht eine – ggf. konkurrierende – Antragsreihenfolge, sondern das Wirksamwerden des Gesetzes zum 1.1.2024 vor Augen. Maßgeblich sei allein, wann das Grundbuchamt „intern“ die Regeln des neuen Rechts anzuwenden habe.

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Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.6.2024 nicht abgeholfen. In allen Grundbuchangelegenheiten sei der Zeitpunkt des Eingangs beim Präsentatsbeamten des Grundbuchamts gemäß § 13 Abs. 2 GBO maßgeblich. Abgesehen davon könne ein eventuell früherer Eingang im (Nacht-)Briefkasten nicht nachverfolgt werden. Der einzige vorhandene Eingangsvermerk sei durch die zuständige Präsentatsbeamtin des Grundbuchamts am 2.1.2024 um 9.00 Uhr gesetzt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten ist begründet.

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1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Insbesondere ist sie gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Entscheidungen des Grundbuchamts i.S. dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (Senat vom 11.4.2011, 34 Wx 160/11 = FGPrax 2011, 173; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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FGPrax 2010, 177; Demharter GBO 33. Aufl. § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer GBO 5. Aufl. § 71 Rn. 68).

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b) Die Beschwerde ist auch im Übrigen gemäß §§ 73, 15 Abs. 2 GBO zulässig. Der im Eintragungsverfahren tätig gewordene Notar gilt nach § 15 Abs. 2 GBO ebenso als ermächtigt, Beschwerde einzulegen (Senat NJW-RR 2021, 42/43; Demharter § 71 Rn. 74; Hügel/Kramer § 71 Rn. 226). Die Beteiligten sind beschwerdeberechtigt, weil sie zum Kreis der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO Antragsberechtigten gehören (vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 193).

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2. Die Beschwerde hat auch in der Sache zumindest vorläufig Erfolg.

Die Zwischenverfügung ist schon aus formellen Gründen aufzuheben. Denn das Grundbuchamt hätte, ausgehend von seiner Auffassung, die Eintragung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister und anschließend im Grundbuch sei erforderlich, gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO keine Zwischenverfügung erlassen dürfen, sondern den Antrag sofort zurückweisen müssen. Voraussetzung für den Erlass einer Zwischenverfügung ist das Bestehen eines mit rückwirkender Kraft behebbaren Eintragungshindernisses. Nach Auffassung des Grundbuchamtes ist für die Behandlung des Eintragungsantrages die seit 1.1.2024 gültige Rechtslage maßgeblich. Dies zugrundegelegt, findet aber gemäß Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 1 EGBGB eine Berichtigung der nach § 47 Abs. 2 GBO a.F. eingetragenen Gesellschafter nicht mehr statt. Die Berichtigung des Gesellschafterbestandes ist insgesamt ausgeschlossen (Wilsch MittBayNot 2023, 457/462). Stattdessen verweist Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 2 EGBGB auf den Grundbuchberichtigungszwang nach § 82 GBO. Im Wege der Zwischenverfügung kann aber nicht aufgegeben werden, einen gänzlich anderen Eintragungsantrag – die Berichtigung auf die GbR – zu stellen. Kann ein Antrag bei richtiger Würdigung der Sach- und Rechtslage nicht zu der beantragten Eintragung führen, ist für eine Zwischenverfügung kein Raum (Demharter § 18 Rn. 29 m. w. N.; Senat vom 30.9.2016, 34 Wx 339/16 = BeckRS 2016, 17433).

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3. Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist, ist dem Senat eine eigene Entscheidung in der Sache nicht möglich (vgl. BGH FGPrax 2017, 54). Für das weitere Verfahren wird – insoweit ohne Bindung für das Grundbuchamt – auf Folgendes hingewiesen:

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a) Nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen seit 1.1.2024 keine Eintragungen, die ein Recht einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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betreffen, im Grundbuch erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister und daraufhin auch im Grundbuch eingetragen ist. Nach Art. 229 § 21 Abs. 2 Satz 1 EGBGB findet eine Berichtigung des Grundbuchs bezüglich eines Gesellschafters seit dem 1.1.2024 nicht mehr statt, wenn die Eintragung eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO a.F. unrichtig geworden ist. Bei Veränderung im Gesellschafterbestand einer im Grundbuch eingetragenen Bestands GbR ist dann eine (Vor-)Eintragung der GbR als eGbR in das Gesellschaftsregister und sodann in das Grundbuch vorzunehmen (Hügel/Reetz § 47 Rn. 98). Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt dies allerdings nicht, wenn vor dem 1.1.2024 die Einigung oder Bewilligung erklärt und der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt wurde.

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b) Vorliegend datieren zwar die Bewilligungserklärungen zweifelsfrei vor dem 1.1.2024, ein Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt wurde allerdings erst am 2.1.2024 gestellt.

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aa) Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass der Vollzugsantrag des Notars samt beigefügten Unterlagen vor dem 1.1.2024 beim Amtsgericht eingegangen ist. Die Unterlagen tragen den Eingangsstempel vom 2.1.2024. Dieser begründet gemäß § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der bezeugten Tatsache (BGH NJW-RR 2012, 701). Ein im Wege des Freibeweises zu führender Gegenbeweis gemäß § 418 Abs. 2 ZPO wurde nicht erbracht. Es fehlt diesbezüglich bereits ein schlüssiger Sachvortrag der Beschwerdeführer, wann und in welcher Form der Antrag abgesandt bzw. an das Amtsgericht übermittelt wurde. Die Angabe des Notars, er gehe davon aus, dass der Zugang noch im Jahr 2023 erfolgt sei, ist hierfür unzureichend.

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bb) Letztendlich kann dies allerdings dahinstehen, da es gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO ohnehin maßgeblich auf den Zeitpunkt der Vorlage an eine zur Entgegennahme zuständige Person ankommt.

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(1) Art. 229 § 21 Abs. 4 Satz 1 EGBGB stellt ausdrücklich nicht darauf ab, wann der Antrag beim Amtsgericht eingegangen ist, sondern darauf, wann „der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt wurde“. Der Antrag auf Grundbuchvollzug ist das an das Grundbuchamt gerichtete Begehren, eine Eintragung oder eine gleichwertige Verfahrenshandlung vorzunehmen. Mit dem Antrag wird formell die Verfahrensanhängigkeit beim Grundbuchamt begründet, er bestimmt die Reihenfolge der Erledigung der Eintragungsanträge und die Bewirkung der Eintragung in das Grundbuch (Hügel/Reetz § 13 Rn.13 ff.). Materiellrechtliche Wirkungen des Antrags sind insbesondere die Beendigung der Widerruflichkeit der Einigung (§ 873 Abs. 2 BGB) sowie die Neutralisierung des Verlusts der Verfügungsbefugnis auf der Veräußererseite gemäß § 878 BGB (vgl. Bauer/Schaub GBO 5. Aufl. § 13 Rn. 69 ff.). Für die Wirkungen des § 878 BGB ist allgemein anerkannt, dass es hierbei auf die Stellung des Antrags nach den Bestimmungen des § 13 GBO ankommt (MüKoBGB/Lettmaier 9. Aufl. § 878 Rn. 25; BeckOGK BGB/Kesseler Stand: 1.5.2023 § 878 Rn. 34). Vom Zeitpunkt der Antragstellung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO kann auch abhängen, welches Recht anzuwenden ist (Bauer/Schaub § 13 Rn. 72).

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(2) Der Gesetzgeber ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass die Vorschrift des Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB dem § 878 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken folgt, dass die Dauer des Eintragungsverfahrens des Grundbuchamts nicht zulasten der Beteiligten gehen darf. Die Vorschrift soll verhindern, dass bereits eingeleitete Eintragungsvorgänge im Grundbuch nach Inkrafttreten des Gesetzes neu angestoßen werden müssen, wenn zu diesem Zeitpunkt zwar die dinglichen Erklärungen und der Antrag auf Grundbuchvollzug erfolgt sind, die Eintragung jedoch noch aussteht (BT-Drucksache 19/27635, S. 219). Es lässt sich aber weder aus dem Wortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass die Vorschrift auch dann greifen soll, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Antrag auf Grundbuchvollzug im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes überhaupt noch nicht vorlag. Das Eintragungsverfahren beginnt erst mit dem Eingang bei der zur Entgegennahme zuständigen Person. Erst dann ist der Antrag beim Grundbuchamt gestellt (Senat vom15.1.2019, 34 Wx 367/18 = FGPrax 2019, 61/62; Demharter § 13 Rn. 23). Nicht ausreichend ist es daher, wenn der Antrag lediglich beim zuständigen Amtsgericht noch in 2023 eingegangen ist (Dressler-Berlin Rpfleger 2023, 710/717). Vorliegend lag erst am 2.1.2024 ein Antrag im Sinne des § 13 Abs. 2 GBO und damit auch ein „Antrag auf Eintragung“ im Sinne des Art. 229 § 21 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vor.

III.

Eine Kostenentscheidung war im Hinblick auf § 25 Abs. 1 GNotKG nicht veranlasst. Deshalb bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG)

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